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"Die Frucht der falschen Träume" im Cottbuser Kindermusical| 17.04.2024
Schwarz und Weiß, Licht und Dunkelheit, Diesseits und Jenseits sind eine Einheit.
Alles scheint gut, im Feenreich.
Bis die Königin der Dunkelheit, Morrigana, aus Neugier den Lichtkristall stiehlt, weil auch sie einmal dessen Leuchten erleben möchte.
Vielleicht hätte sie auch einfach fragen können, so aber folgt ihrer Tat die Verbannung und die Trennung der Reiche. Dass das möglicherweise über das Ziel hinaus ging, wird der Königin des Lichts, Raitusuta, erst sehr spät klar.
Denn die Handlung springt plötzlich mehrere Jahre nach vorn.
Aus dem an sich unschönen Tag der Verbannung ist auf der Lichtseite der höchste Feiertag geworden, an dem die Herrschende die ihr Treuen mit Orden bedenkt. Zumindest die, die sich gekonnt in den Vordergrund spielen. Während andere an den Rand gemobt werden, wie Hydraca, eine von Selbstzweifeln gequälte Sumpffee.
Diese Ungleichheit öffnet Morrigana, die inzwischen auf ihrer dunklen Seite die eigene Macht gestärkt hat, einen Weg, um das Lichtreich zu erobern.
Unwissentlich wird Hydraca zu ihrem Handlanger, und die Früchte des von ihr gezüchteten Wunderwesens rauben den Mächtigen im Lichtreich die Sinne.
Genug der Einführung. Sie zeigt bereits, dass wir es - bei aller Märchenhaftigkeit - mit durchaus ernsten und gegenwärtigen Auseinandersetzungen und vielfältigen Handlungsebenen zu tun bekommen.
Entstanden ist ein komplexes, abendfüllendes Stück in zahlreichen wundervollen Bildern.
Was direkt wörtlich zu nehmen ist.
Denn von Beginn an fällt der liebevoll, handgemalte Hintergrund auf. Wie es sich zeigt, ein Feenland-Bilderbuch, das uns in Sekunden und ganz ohne LED-Wände zu den jeweiligen Handlungsorten führt - geschaffen in klassischer Bühnenmalerei.
Und mit den ersten Auftritten wird klar, dass sich diese visuelle Kraft in den unglaublich vielfältigen und aufwändigen Kostümen und Masken fortsetzt.
Nicht zu vergessen: Hinter diesen Werken stehen ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, die das für 36 Mitwirkende realisiert haben.
Erneut sind die tänzerischen Leistungen und Choreografien eindrucksvoll. Man mag kaum glauben, dass all das in der Freizeit der Jugendlichen erarbeitet wird.
Musikalisch bietet die Inszenierung mehr als 20 Titel, die überwiegend die leichtere Muse repräsentieren, mit drei Höhepunkten.
Für mich gleichauf: „Hassfee“, gesungen von Marielle Pfaffe (Hydraca) und „Mädels sind schon toll“, gesungen von Tyler Twarz (Faunarus). Beide bilden auch das Top-Duo des Stückes an sich.
Doch dann, mit „Gib uns mehr von dieser Frucht“, findet sich das Stück absolut auf der Höhe des ganz großen Musicals und muss sich vor keiner der Mainstream-Produktionen verstecken. Im Gegenteil. Hier blüht eine Ensemble-Leistung, die alles an Können und positiver Professionalität zeigt, das dieses Cottbuser Kindermusical leistet.
Mit stehendem Applaus bedankt sich das jubelnde Premierenpublikum.
Wie zu hören ist, ist die Kartennachfrage hoch - besser, Sie beeilen sich!
Jens Pittasch