Fließ im Spreewald. Auf dem Kahn steht eine Postfrau

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Die Post kommt wieder per Kahn | 04.04.2024

Heute startet Andrea Bunar in ihre dreizehnte Saison als Kahn-Zustellerin, um im Spreewalddorf Lehde wieder Briefe und Pakete auf dem Wasserweg auszuliefern. „Nach dem Winter freue ich mich besonders darauf, auf den Postkahn umzusteigen und wieder auf den idyllischen Fließen im Spreewald unterwegs zu sein. Dabei ist Muskelkater in den Armen in den ersten Wochen nach dem Saisonstart inklusive“, sagt die 53-Jährige. In den Wintermonaten werden die Kunden in Lehde mit dem Postauto beliefert. Dabei müssen jedoch längere Strecken zu Fuß, teils über Brücken und Treppen, zurückgelegt werden. Die Postzustellung per Kahn hat im Spreewald eine bereits 127-jährige Tradition - und gehört für die meisten Einheimischen zum festen Bestandteil ihres Alltags.

Vormittags beliefert die Postzustellerin zuerst die Kunden in Lübbenau mit dem Postauto. Gegen Mittag belädt sie ihren gelben Kahn mit Briefen und Paketen für die Kunden im Ortsteil Lehde und setzt ihre Zustelltour auf dem Wasser fort. Andrea Bunar bietet auf ihrer Tour auch einen mobilen Postservice an: Kunden können ihr Briefe und Pakete mitgeben sowie Brief- und Paketmarken kaufen. Auf der Tour durch Lehde leert sie außerdem zwei Briefkästen an Ausflugslokalen. Pro Woche liefert die Spreewaldkahnzustellerin mehr als 600 Briefe, Einschreiben und Postkarten sowie rund 80 Pakete und Päckchen über die Fließe aus, da viele der 65 Haushalte in Lehde keine direkte Straßenanbindung haben.

Pakete können bis zu 31,5 Kilogramm wiegen. Egal, ob Flachbildschirm, Hollywoodschaukel, Strandkorb, Kühlschrank oder Gartenhecke – Andrea Bunar hat all das auch schon mit ihrem Postkahn befördert. Über die Jahre kommt da schon einiges an Gewicht zusammen. Den Kahn bewege ich auf meiner rund acht Kilometer langen Tour mit reiner Muskelkraft“, sagt die Postzustellerin. Die klimaneutrale und leise Kahn-Zustellung ist im UNESCO Biosphärenreservat Spreewald ideal.

„Als besondere Lieferungen hatte ich in den vergangenen Jahren beispielsweise einen Apfelbaum, einen Rasenmähroboter und ein Fußballtor. Das war beim Beladen zwar eine besondere Herausforderung, aber auch diese Sendungen habe ich wohlbehalten auf dem Wasserweg zu ihren Empfängern transportiert. Der letzte Sommer war wettertechnisch sehr durchwachsen. Es gab Tage mit sehr starkem Wind, an denen das Steuern meines Postkahns besonderes Geschick und Muskelkraft erforderten. Als ich an einem Nachmittag auf der Rücktour zum Bootshaus war, versperrte ein umgefallener Baum die Weiterfahrt. Da sprang ein Paddler vor mir kurzentschlossen in Unterhosen ins Wasser und zog das Hindernis beiseite“, erinnert sich Andrea Bunar lachend an eine kuriose Begebenheit der zurückliegenden Saison.

Die Postzustellerin pflegt auch privat die Bräuche der Region: „Bei Festen wie der Fastnacht trage ich die sorbische Tracht. Mit der Kahnzustellung erhält die Deutsche Post eine lange Tradition, die weit über den Spreewald hinaus bekannt ist“, sagt sie. Ende der 1890er Jahre mussten die Bewohner Lehdes ihre Post sonntags beim Kirchgang abholen. Mit der Industrialisierung und der damit verbundenen Landflucht nahm der Postversand zur Kontaktaufnahme mit den Daheimgebliebenen immer mehr zu. Deshalb beschloss die Post 1897, die Sendungen per Kahn direkt zu den Kunden nach Hause zu bringen. Heute ist die Paket- und Briefzustellung der Deutschen Post bis in den entlegensten Winkel an sechs Tagen pro Woche bundesweiter Standard.

Foto: „Deutsche Post DHL/Jens Schlüter“.